Bademeister_TitelbildAm 7. August haben wir Recher­chen ver­öf­fent­licht, wonach im Freibad Plöt­zensee der­zeit min­des­tens eine Person eine Tätig­keit als Schwim­m­eister ausübt, die in der jün­geren Ver­gan­gen­heit durch neo­na­zis­ti­sche Akti­vi­täten auf­ge­fallen ist. Anschlie­ßend folgten meh­rere Pres­se­ver­öf­fent­li­chungen und Stel­lung­nahmen des Frei­bades auf die wir im fol­genden Bezug nehmen werden.

So war der heute 45-Jährige Mike Man­fred Zer­fowski in den Jahren 2009 bis 2010 in der aktio­nis­ti­schen Neonazi-Kameradschaft „Freie Natio­na­listen Berlin-Mitte“ aktiv, die zu jener Zeit mit Schwer­punkt im Wed­ding und angren­zenden Bezirken durch ein Serie von Sach­be­schä­di­gungen, Pro­pa­gan­da­ak­tionen und Gewalt­taten auf sich auf­merksam machte. In unserer ersten Ver­öf­fent­li­chung wiesen wir nicht nur auf den Cha­rakter dieser Orga­ni­sa­tion hin, son­dern auch auf meh­rere Aktionen der „Freien Natio­na­listen“, an denen Mike Zer­fowski nach­weis­lich betei­ligt war. Seine Mit­wir­kung reichte in dieser Zeit von der Teil­nahme an Neo­na­zi­auf­mär­schen über Pro­pa­gan­da­ak­tionen bishin zur Bedro­hung und dem Abfo­to­gra­fieren von Nazi-Gegner_innen.

Mike Zerfowski (l.) mit Kamera in Strausberg, 19.06.2010

Mike Zer­fowski (l.) mit Kamera in Straus­berg, 19.06.2010

Auch zu Zer­fow­skis Enga­ge­ment in der Neu­köllner NPD wurden uns im Nach­gang der Ver­öf­fent­li­chung wei­tere detail­lierte Infor­ma­tionen zuge­spielt. Laut einer 2007 gele­akten NPD-Mitgliederliste beklei­dete er den Posten des 2. Orga­ni­sa­ti­ons­lei­ters der NPD-Neukölln, ent­sprach also auch hier kei­nes­falls nur dem Typus eines Mit­läu­fers. Auf­fällig ist, dass Zer­fowski so lange öffent­lich durch neo­na­zis­ti­sches Enga­ge­ment in Erschei­nung trat, bis Antifaschist_innen im Jahre 2010 im Zusam­men­hang mit den Akti­vi­täten der „Freien Natio­na­listen Berlin-Mitte“ begannen erste Por­trait­f­auf­nahmen, auch von ihm, zu ver­öf­fent­li­chen und iden­ti­fi­zie­rend zu berichten.

Erik Müller, Pächter des Strand­bads Plöt­zensee, im Tages­spiegel vom 10. August 2013:

„Er kam 2011 als Aus­steiger aus der Neo­na­zi­szene zu uns.”

Auf die Ver­öf­fent­li­chung zum Hin­ter­grund seines Ange­stellten rea­gierte Erik Müller, Pächter des Frei­bades Plöt­zensee und Chef von Zer­fowski, in meh­reren Stel­lung­nahmen gegen­über der Presse und auf face­book.

„2010 hat Mike beim Ver­fas­sungs­schutz eine Aus­stiegs­er­klä­rung abge­geben. […] Diese Aus­stiegs­er­klä­rung beim Ver­fas­sungs­schutz und eine wei­tere Erklä­rung uns gegen­über, […] sind Grund­lage und Vor­aus­set­zung für eine Anstel­lung gewesen. Am 15.04.2011 wurde Mike im Rahmen eines Stillen Aus­stei­ger­pro­gramms bei uns ange­stellt. Wir und unsere Mit­ar­beiter dis­tan­zieren uns von rechtem Gedan­kengut, gerade des­halb wollten wir einem Aus­steiger eine zweite Chance geben, die nach unserer Mei­nung jeder ver­dient hat”, schreibt Müller auf .

Mike Zerfowski bei der Arbeit im Freibad Plötzensee. Bericht von TV-B, 15. Juli 2010

Mike Zer­fowski bei der Arbeit im Freibad Plöt­zensee. Bericht von TV-B, 15. Juli 2010

Die Geschichte des sozial enga­gierten Bau­un­ter­neh­mers und Frei­bad­päch­ters, der einem „Aus­steiger“ den Weg aus der Szene ebnet, indem er ihm eine „zweite Chance“ bietet, könnte ein gelun­genes Bei­spiel von Reso­zia­li­sie­rung sein, wäre sie nicht sach­lich falsch. Zwar ist gut denkbar, dass Zer­fow­skis Anstel­lung zeit­weise durch Mittel aus soge­nannten „Aus­stiegs­pro­grammen“ geför­dert wurde, dass Zer­fowski jedoch erst mit dem 15. April 2011 „im Rahmen eines Stillen Aus­stei­ger­pro­gramms“ zur Bele­ge­schaft des Frei­bades dazu­ge­stoßen sein soll, ent­spricht nicht den Tat­sa­chen. Ein Bei­trag des Ber­liner Lokal­sen­ders TV-B vom 15. Juli 2010 zeigt Zer­fowski wie er bereits im Sommer 2010 im Schwimmbad tätig ist. Drei Wochen vor Aus­strah­lung des Bei­trags war er noch mit den Freien Natio­na­listen Berlin-Mitte auf neo­na­zis­ti­schen Auf­mär­schen unter­wegs und foto­gra­fierte dort Gegendemonstrant_innen. Diese beleg­bare Über­schnei­dung von Zer­fow­skis Enga­ge­ment in der rechten Szene und seiner Tätig­keit im Freibad Plötz­sensee, sowie die offen­sicht­lich fal­schen Angaben des Pächerts lassen uns des­halb an der Geschichte zwei­feln.

Als Ende Mai meh­rere Ber­liner Regio­nal­zei­tungen dar­über berich­teten, dass ehe­ma­lige Geschäfts­partner des Frei­bades Teilen der Beleg­schaft ras­sis­tisch moti­viertes Ver­halten und Über­griffe vor­werfen, übte sich Müller auf schon einmal in Scha­dens­be­gren­zung. Fol­gend der eigen­wil­ligen Logik des Ver­weises auf „jüdi­schen Glauben“ und „Migra­ti­ons­hin­ter­grund“ von fünf seiner sieben Ange­stellten erklärte er: „Im Freibad Plöt­zensee gibt es über­haupt keinen Platz für Ras­sismus!“ Über den angeb­li­chen „Aus­steiger“, der es mitt­ler­weile auf den Posten des Betriebs­lei­ters gebracht hatte, verlor er dabei kein Wort.

Ein harmonisches Bild im Strandbad Plötzensee, Berliner Kurier vom 13.08.2013

Ein har­mo­ni­sches Bild im Strandbad Plöt­zensee, Ber­liner Kurier vom 13.08.2013

Die durch Frei­bad­pächter Müller immer wieder betonte mul­ti­kul­tu­relle Zusam­men­set­zung der Freiband-Belegschaft sagt weder etwas über die Mög­lich­keit ras­sis­ti­scher Über­griffe im Freibad aus, noch über die Welt­an­sch­a­hung des Herrn Zer­fowski. Dass Zer­fowski mit „nicht­deut­schen“ Bade­gästen und Mitarbeiter_innen nicht in Aus­ein­a­der­set­zung gerät, kann genauso gut für ein per­sön­li­chen Arran­ge­ment mit den Ver­hält­nissen spre­chen und ist noch lange kein Indiz für eine inter­kul­tu­relle Welt­sicht. Bei­spiele, die belegen, dass rechts-Sein und das Pflegen von Geschäfts und Arbeits­ver­hält­nissen mit „Nicht­deut­schen“ für Neo­nazis keinen Wider­spruch dar­stellen müssen, gibt es zu Hauf. In einer Stadt wie Berlin haben Neo­nazis oft­mals kaum eine andere Mög­lich­keit, um öko­no­misch über­leben zu können. Als allei­niger Beweis für die ideo­lo­gi­sche Abkehr vom neo­na­zis­ti­schen Welt­bild scheidet der bloße Umgang mit Migrant_innen am Arbeits­platz inso­fern aus.

Mike Zer­fowski im Ber­liner Kurier vom 13. August 2013:

„Ich fand gut, was die zum Natur­schutz gesagt haben.”

Mike Zerfowski und der Treptower Neonazi Rene Palme im Szenelokal "Zum Henker", Anfang 2010

Mike Zer­fowski und der Trep­tower Neo­nazi Rene Palme im Sze­ne­lokal „Zum Henker“, Anfang 2010

Im Ber­liner Kurier vom 13. August 2013 meldet Zer­fowski sich selbst zu Wort und erklärt: „Ich war in der Szene. Aber ich bin raus.“

Was er dann über sein neo­na­zis­ti­sches Enga­ge­ment preis­gibt, ent­hält nicht viel, was anti­fa­schis­ti­sche Recher­chen nicht schon ans Licht gebracht haben: Er war etwa „ein halbes Jahr bei den Freien Natio­na­listen in Mitte, und meh­rere Jahre bei der NPD.“ Die Gründe muten aben­teu­er­lich an: „Vor etli­chen Jahren habe er mal NPD-Broschüren im Brief­kasten gehabt und ließ sich ver­führen“, schreibt der Kurier. „Ich fand gut, was die zum Natur­schutz gesagt haben“, lässt sich Zer­fowski zitieren. Obwohl er ein­räumt, sowohl an Kreis­par­tei­tagen, als auch an „zwei oder drei Schu­lungen“ teil­ge­nommen zu haben, möchte er rück­wir­kend als „kleines Licht“ gelten, wir wissen jedoch, dass er im Neu­köllner Kries­ver­band den Posten des 2. Orga­ni­sa­ti­ons­lei­ters inne­hielt.

„Er habe Flyer gesteckt, an Demos teil­ge­nommen. Damit habe es sich aber auch gehabt. An Gewalt­taten oder auch nur an Gesprä­chen dar­über habe er nicht teil­ge­nommen: „Alle wussten, dass ich damit nichts zu tun haben will““, erklärt Zer­fowski dem Ber­liner Kurier.

Von der Homepage der "Freien Nationalisten Berlin-Mitte", nachdem Mitglieder Tags zuvor vier vermeintliche Linke attackiert hatten, 08. Mai 2010

Von der Home­page der „Freien Natio­na­listen Berlin-Mitte“, nachdem Mit­glieder tags zuvor vier ver­meint­liche Linke atta­ckiert hatten, 08. Mai 2010

Wäh­rend Gewalt­lo­sig­keit schon bei der kaum glaub­haft ist, waren Gewalt­taten bei den aktio­nis­ti­schen Freien Natio­na­listen Berlin Mitte von Anbe­ginn an ein fester Bestand­teil. So fanden sich bereits auf den ersten Inter­net­ver­öf­fent­li­chungen der Freien Natio­na­listen im April 2010 Por­trait­fotos und unver­hoh­lene Gewalt­an­dro­hungen gegen­über ver­meint­li­chen Nazi-Gegner_innen. Zeit­gleich wurden zwei Haus­pro­jekte und die lokale Geschäfts­stelle von „Die Linke“ im Wed­ding mit Steinen atta­ckiert und Fotos der ange­grif­fenen Objekte auf jener Inter­net­seite ver­öf­fent­licht: „Haus der Antifa im Wed­ding, Scher­straße 8 ‚freuen sich immer über Besuch“, lau­tete z.B. die Über­schrift eines Bei­trags. Gewalt­an­dro­hungen wie diese zogen sich wie ein roter Faden durch die fast täg­li­chen erschie­nenen Online­ver­öf­fent­li­chungen der Kame­rad­schaft.

Allein im Mai 2010 erschienen zwei Bei­träge auf denen sich die „Freien Natio­na­listen“ direkt auf hand­feste Gewalt­taten bez­zogen und dabei keinen Hehl daraus machen, dass sie durch Mit­glieder der Gruppe begangen wurden. Eben aus jener Zeit, der ersten Jah­res­hälfte 2010, stammt auch ein Groß­teil der doku­men­tierten Akti­vi­täten, die Zer­fowski mit den „Freien Natio­na­listen“ durch­ge­führt hat. Wenn Zer­fowski nun behauptet, er habe mit Gewalt­taten bis kurz vor seinem „Aus­stieg“ nichts zu tun gehabt, nicht­einmal indi­rekt, ist das eine Rela­ti­vie­rung seines Enga­ge­ments und der Struk­turen in denen er sich enga­gierte.

 

Einmal Nazi, immer Nazi?

Freie Nationalisten Berlin Mitte: Mike Zerfowski (r.), Christian Schmidt (r. Hg. ), Demetrio Krüger (2. v. r. Hg.), Steve Hennig (Mitte) und weiterem Neonazi, Anfang 2010

Freie Natio­na­listen Berlin Mitte: Mike Zer­fowski (r.), Chris­tian Schmidt (r. Hg. ), Deme­trio Krüger (2. v. r. Hg.), Steve Hennig (Mitte) mit wei­terem Neo­nazi, Anfang 2010

Auch wenn wir im Falle von Mike Zer­fowski begrün­dete Zweifel hegen, gehen wir grund­sätz­lich doch davon aus, dass Men­schen sich ändern können und begrüßen es prin­zi­piell, wenn sich Neo­nazis zum Aus­stieg ent­schließen. Des­halb möchten wir klären, was in unseren Augen einen Aus­stieg kenn­zeichnet und was dem voran gehen muss.

Zunächst: Wenn in der öffent­li­chen Debatte von neo­na­zis­ti­schen Akti­vi­täten und Gewalt­taten die Rede ist, wird oft der Anschein erweckt, als wären die agie­renden Per­sonen und Struk­turen nicht Täter, die selbst­be­wusst über ihr Han­deln bestimmen, son­dern als han­dele es sich um Sym­ptome einer mys­te­riösen Krank­heit, von der es die Befal­lenen nur zu heilen gelte. Der Ideo­lo­gi­sche Back­ground dieser Zusam­men­hänge wird meist derart an den Rand gedrängt, dass vor Lauter „Per­spek­tiv­lo­sig­keit“, „Hass“ und „Ver­füh­rung“ durch den „Braunen Sumpf“ unter­schlagen wird, dass es sich neben allen indi­vi­dual­psy­cho­lo­gi­schen Ein­fluss­fak­toren, die auf den_die Täter_in ein­wirken mögen, um Erschei­nungs­formen einer poli­ti­schen Ideo­logie han­delt. Eine neo­na­zis­ti­sche Ideo­logie, deren zen­trales Ele­ment bedeutet, Men­schen auf­grund will­kür­li­cher Merk­male gegen­über einer „Volks­ge­mein­schaft“ als „weniger Wert“ zuklas­sieren, wes­wegen sie dis­kri­mi­niert, ver­hetzt und in letzter Kon­se­quenz gar ums Leben gebracht werden.

Anders als der Ver­fas­sungschutz und mit ihm koope­rie­rende Orga­ni­sa­tionen spre­chen wir nicht von einem „Aus­stieg“, wenn sich Neo­nazis ent­schließen bis auf Wei­teres, nicht mehr aktiv an Treffen, Demons­tra­tionen oder Aktionen der rechten Szene teil­zu­nehmen. Für ein „Auf­hören“, den Rückzug ins Pri­vate, kann es näm­lich man­nig­fal­tige Gründe geben: von poli­ti­scher Resi­gna­tion über dro­hende Ver­ur­tei­lungen, Part­ner­wechsel, Angst vor Job­ver­lust und Fami­li­en­pla­nungen bishin zu zun­ehe­mendem Druck durch anti­fa­schis­ti­sche Initia­tiven.

So ver­wun­dert es nicht, dass ver­meint­lich aus­ge­stie­gene Neo­nazis letzt­end­lich wieder in der aktiven Neo­na­zi­szene auf­tau­chen, wäh­rend der Ver­fas­sungs­sschutz und ihm nahe­ste­hende Aus­stiegs­or­ga­ni­sa­tionen der Öffent­lich­keit schon einen wei­teren erfolg­rei­chen „Aus­steiger“ prä­sen­tiert haben. Ob igno­rant oder naiv, die Vor­züge (halb-)staatlicher Aus­stiegs­pro­gramme haben sich in der Szene her­um­ge­spro­chen: Neo­nazis, die sich kurz­weilig zu „Aus­stei­gern“ erklären, um als Gegen­leis­tung mil­dere Urteile, mate­ri­elle Ver­gü­tungen oder andere Lebens­hilfen (z.B. bei der Job­suche) ein­zu­strei­chen, sind in deut­schen Gerichts­säälen keine Sel­ten­heit … und häufig nach kurzer Zeit wieder zugegen an vor­derster Front, wie es die Fälle der Ber­liner Neo­nazis Marco Oemus und Lars Macht bezeugen. [1]

 

Bitte beachten Sie beim Aus­stieg…

Es muss also mehr pas­sieren, als mal eben den Freun­des­kreis, die Partei oder den Stamm­tisch zu wech­seln. Bewährte Kri­te­rien zur Ein­schät­zung eines „Aus­stiegs“ und Anfor­de­rungen an einen „Aus­steiger“ werden im Fol­genden genannt und können in einem AIB-Artikel,der sich mit der Pro­ble­matik befasst, aus­führ­lich nach­ge­lesen werden:

Aus­ein­a­der­set­zung und Bruch mit der neo­na­zis­ti­schen Ideo­logie

  • Aus­ein­an­der­set­zung und Kor­rektur neo­na­zis­ti­scher Welt­an­schauung und Unwer­tig­keits­ideo­lo­gien in allen Lebens­be­rei­chen

Aus­ein­an­der­set­zung mit der eigenen Ver­gan­gen­heit

  • Kon­fron­ta­tion mit den Kon­se­quenzen des eigenen Han­delns, ins­be­son­dere im Hin­blick auf Wie­der­gut­ma­chung bei mög­li­chen Opfern

Offen­le­gung aller internen Infor­ma­tionen

  • Ein Kon­se­quenter Bruch bedeutet auch, sich den Rückweg „in die Szene“ zu ver­bauen und Infor­ma­tionen Preis zu geben, die ver­hin­dern können, dass wei­tere Men­schen durch sie zu Schaden kommen.

Wenn dieser Pro­zess trans­pa­rent und nach­voll­ziehbar gemacht wurde, kann von einem tat­säch­li­chen Aus­stieg gespro­chen werden. Der Pro­zess ist umso lang­wie­riger und muss umso mehr in die Tiefe gehen, je stärker die betref­fende Person in der rechten Szene und ihre sozialen und poli­ti­schen Struk­turen ein­ge­bunden war.

Bei der Betrach­tung von Zer­fow­skis neo­na­zis­ti­schem Enga­ge­ment muss bedacht werden, Zer­fowski war weder ein „Mit­läufer“, noch ein „kleines Licht“ — auch wenn er dies rück­bli­ckend weiß­ma­chen will. Er war zur Zeit seines „Auf­hö­rens“ 42 Jahre Jahre alt und bereits meh­rere Jahre auf ver­schie­denen Ebenen in aktive Struk­turen invol­viert. Ent­spre­chend umfas­send muss sein Wissen über interne Zusam­men­hänge sein: Im Neu­köllner NPD-Kreisverband beklei­dete er einen lei­tenden Posten, nahm an Schu­lungen teil. In der Zeit bei den „Freien Natio­na­listen Berlin-Mitte“ war Zer­fowski unmit­tel­barer Teil einer gewalt­aus­übenden Grup­pie­rung. Ein Groß­teil von Zer­fow­skis ehe­ma­ligen „Kame­raden“ wie Mike Gruber, David Gal­lien, Steve Hennig, Stefan Falk Liedtke und Chris­tian Schmidt ist noch immer in mili­tanten Struk­turen, u.a. beim NW-Berlin, aktiv und durch wei­tere Gewalt­taten in Erschei­nung getreten. Bei­spiels­weise prü­gelten Gal­lien und Schmidt im Mai 2011 bei einem Auf­marsch­ver­such in Berlin-Kreuzberg in vor­derster Reihe auf vier am Boden lie­genden Jugend­li­chen ein. Erst im Sep­tember 2012 wurde Liedtke nach einer Attacke auf einen Foto­jour­na­listen zu einer Haft­strafe von 6 Monaten ver­ur­teilt.

Freie Nationalisten Berlin-Mitte in Strausberg, 19.06.2010: Steve Hennig (1.v.l.), Stefan Falk Liedtke (2.v.l.), David Gallien (M.), Mike Manfred Zerfowski (mit Kamera), Christian Schmidt (r.)

Freie Natio­na­listen Berlin-Mitte in Straus­berg, 19.06.2010: Steve Hennig (1.v.l.), Stefan Falk Liedtke (2.v.l.), David Gal­lien (M.), Mike Man­fred Zer­fowski (mit Kamera), Chris­tian Schmidt (r.)

Von einem Aus­steiger, der in letzter Kon­se­quenz mit einer men­schen­ver­ach­tenden Ideo­logie und ihren poli­ti­schen und sozialen Struk­turen gebro­chen hat, erwarten wir schlicht, dass er sein Wissen über die ehe­ma­ligen Zusam­men­hänge anti­fa­schis­ti­schen Initia­tiven zur Ver­fü­gung stellt, um die Öffent­lich­keit vor diesen Gefahren zu schützen.

Ein Geheim­dienst, mit dem „stille Gespräche“ geführt werden, wird dieser Auf­gabe nie und nimmer frei­willig nach­kommen. So sind die zustän­digen Dienste fǘr gewöhn­lich bereits aus­rei­chend über neo­na­zis­ti­sche Akti­vi­tä­tenin infor­miert und zum Teil auch selbst darin ver­wi­ckelt, unter­lassen es jedoch, der Öffent­lich­keit recht­zeitig und in aus­rei­chendem Maße Infor­ma­tionen zugäng­lich zu machen, die einer Zivil­ge­sell­schaft dazu dienen können, neo­na­zis­ti­schen Orga­ni­sie­rungen und den damit ver­bun­denen Bedro­hungen ent­gegen zu treten. Die Wei­ter­gabe von Infor­ma­tionen an die Öffent­lich­keit oder Anti­fa­schis­ti­sche Initia­tiven hätte nicht nur poten­ti­elle Opfer schützen können, son­dern auch eine neu­er­liche The­ma­ti­sie­rung seiner Person durch Recherche-Zusammenhänge obsolet gemacht. Solang Mike Zer­fowski die Kri­te­rien eines tat­säch­li­chen Aus­stiegs nicht erfüllt hat, werden Recherche-Zusammenhänge ihn im Auge behalten.

[1] „EXIT und kein Aus­stieg“, fight.back 04 — Antifa-Recherche Berlin-Brandenburg, Mai 2009, S. 25

[recherche&aktion]
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